Ziel der Debatte war es, das wissenschaftliche und klinische Potenzial junger Wissenschaftler vorzustellen, da ihre Projekte die Therapiewirksamkeit verschiedener Krankheiten erhöhen können. „Als wir eine Reihe von Debatten unter Beteiligung von Ärzten und Wissenschaftlern, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen, vorschlugen, konnten sich viele nicht vorstellen, dass junge Menschen so wichtige und schwierige Themen ansprechen könnten“, sagte Prof. Henryk Skarżyński. „Diese und die frühere Debatte haben gezeigt, dass sie über Fortschritte in der Behandlung mit viel Begeisterung sprechen können.“ Ihre Vorträge haben gezeigt, wie groß die Entwicklung in vielen Bereichen der Medizin ist. Durch den Einsatz neuer Techniken und medizinischer Technologien können aktuell viele angeborene Fehlbildungen oder Krankheiten, die früher schwer oder gar nicht behandelbar waren, effektiv eliminiert werden. Eine derartige innovative Lösung ist die bei der Debatte vom Dr. Robert Brawura-Biskupski-Samaha von der Medizinischen Universität Warschau erläuterte fetoskopische Operation der Spina bifida. Es handelt sich dabei um einen minimalinvasiven Eingriff, der ähnlich wie eine Laparoskopie durchgeführt wird. Er stellt eine Alternative zu herkömmlichen Operationen mit Eröffnung der Gebärmutterhöhle, wie beim Kaiserschnitt, dar. Technisch gesehen ist es eine äußerst schwierige Operation, sie ermöglicht jedoch sehr gute Behandlungsergebnisse zu erzielen. Der erste Eingriff dieser Art ist im September 2017 durch das Team des I. Lehrstuhls und der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Medizinischen Universität unter der Leitung von Prof. Mirosław Wielgoś durchgeführt worden. Bisher sind acht solche Eingriffe erfolgt.
Bei der Debatte war auch vom revolutionären Konzept der Epilepsiebehandlung bei Kindern, noch bevor es zu Anfällen kommt (bis jetzt wurde die Ansicht vertreten, dass die Therapie nicht davor beginnen darf), die Rede. Um jedoch eine präventive Behandlung einzusetzen, muss die Diagnosestellung sehr frühzeitig erfolgen. Das ist aber nicht einfach, da die Epilepsie bei Kindern unauffällige Symptome geben kann, z.B. das Kind hält an und schließt seine Augen. Dr. Monika Sowińska von der Kinderneurologischen Klinik der Medizinischen Universität Warschau sprach über Methoden zur Früherkennung von epileptischen Anfällen, insbesondere bei der Gruppe von Kindern, die an einer seltenen Erbkrankheit, sog. tuberösen Sklerose (bei 70-90 % im Verlauf dieser Erkrankung entwickelt sich Epilepsie bereits im 4-6 Lebensmonat) leiden.
Ein großes Interesse bei den Debatteteilnehmern erweckte auch der Bericht vom Dr. habil. rer. med. Dariusz Dobrowolski (Lehrstuhl und klinische Abteilung der Augenheilkunde der medizinischen Fakultät mit der Abteilung für Medizin und Zahnmedizin in Zabrz Śląski der Medizinischen Universität Schlesien in Kattowitz) zur ersten registrierten Medikation mit Stammzellen in der Augenheilkunde. Bei dieser Therapie werden Hornhaut-Stammzellen verwendet: durch ihre Isolierung und anschließende Vermehrung entsteht eine Gewebestruktur, die es ermöglicht ein geschädigtes, z.B. durch Verbrennungen, Epithelgewebe der Hornhaut zu rekonstruieren. In naher Zukunft könnte dieses Medikament auch bei anderen Augenoberflächenerkrankungen Anwendung finden. „Der Einsatz vom patienteneigenen Gewebe macht die Verwendung des Materials vom unverwandtem Spender überflüssig, erfordert keine Immunsuppression und minimiert schließlich die chirurgische Behandlung begleitenden entzündlichen Prozesse“, sagte Dr. habil. Dariusz Dobrowolski.
Die eingeladenen Redner sprachen bei der Debatte auch über den Einsatz vieler anderer innovativer Lösungen, wie beispielsweise über die elektronische Überwachung von Patienten mit Gedächtnisstörungen (Dr. Katarzyna Grabowska-Aleksandrowicz von der Medizinischen Universität Lublin), eine neue Therapie gegen Schlaflosigkeit bei älteren Menschen (Mag. Michał Dermanowski vom Institut für Psychiatrie und Neurologie), neue Methoden in der Diagnostik und Immunprophylaxe von Krankheiten, die auf Mutter-Fötus-Konflikten beruhen (Sylwia Purchla-Szczepioła vom Institut für Hämatologie und Transfusionsforschung), moderne Methoden der Herzfehlerdiagnostik in der Pränatalzeit (Mag. Katarzyna Sobecka vom Institut für Mutter und Kind).
Wie schon üblich, nahmen neben jungen Ärzten und Wissenschaftlern auch Journalisten an der Debatte teil. Ihre Anwesenheit – wie Senator Konstanty Radziwiłł am Ende der Debatte betonte – lässt hoffen, dass Informationen über die diskutierten Präventions- und Behandlungsmethoden verbreitet werden. Die Moderation der Debatte übernahm Prof. Henryk Skarżyński gemeinsam mit Dr. habil. Mariusz Gujski, stellvertretendem Chefredakteur der Zeitschrift „Służba Zdrowia“.
Über die Therapie von auditiven Verarbeitungsstörungen
Bei der Debatte über innovative Medizintechnologien wurde das Institut für Physiologie und Pathologie des Gehörs von Mag. Natalia Czajka vertreten. In ihrem Vortrag ging sie auf die Vorteile der modernen Therapie bei auditiven Verarbeitungsstörungen ein: die sog. Polymodale Stimulation der sensorischen Wahrnehmung gem. Skarżyński-Methode (SPPS-S). Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung dieses Vortrags.
Laut Definition der American Speech-Language-Hearing Association (ASHA) beziehen sich die auditiven Verarbeitungsstörungen (CAPD – Central Auditory Processing Disorders) auf die Schwierigkeit bei der Verarbeitung auditiver Informationen auf der OUN-Ebene bei regelrechter Struktur und Arbeit der Peripherien. Es handelt sich dabei um Prozesse, die Grundlage für Fähigkeiten wie Klangortung und -lateralisierung, Klangdifferenzierung, Klangmustererkennung, Zeitanalyse der Klangsignalaspekte sowie Zeitintegration von Klängen, sind.
Störung der Grundprozesse bei auditiver Verarbeitung können sich erheblich auf die alltägliche Funktionsweise der von ihnen betroffenen Menschen auswirken, und zu den am häufigsten genannten Schwierigkeiten gehören unter anderem:
Diese Schwierigkeiten können einzeln oder in Kombination (mit unterschiedlichem Schweregrad und Form) mit anderen Störungen vorkommen. Schätzungsweise betrifft die zentrale auditive Verarbeitungsstörung, 2-3% der Kinder, doch als Schwierigkeiten bei der auditiven Verarbeitung in Kombination mit anderen Erkrankungen können sie bei einigen Dutzend Prozent vorkommen, z.B. betrifft das Problem 30% der Kinder mit Legasthenie und sogar 50% der Kinder mit spezifischen Sprachstörungen (SLI).
Laut Angaben der Literatur werden bei der Therapie von Patienten mit auditiven Verarbeitungsstörungen drei Ansätze empfohlen:
Ein solches Training ist Polymodalen Stimulation der sensorischen Wahrnehmung gem. Skarżyński-Methode (SPPS-S). Es handelt sich dabei um eine Therapie, die bei mehreren unterschiedlichen Gruppen von Nebenkrankheiten mit auditiver Verarbeitungsstörung Anwendung findet. Die SPPS-S-Programme sind für 6 Gruppen von Patienten mit Schwierigkeiten der auditiven Verarbeitung, die interkurrent mit folgenden Symptomen auftreten, erarbeitet worden:
Bei der SPPS-S-Therapie werden verschiedene Sinnen (Gehör, Sehvermögen, Tastsinn) engagiert. Die Übungen zielen darauf ab, ihre Integration und Koordination zu verbessern. Ein innovativer Bestandteil dieser Methode ist die Kombination aus auditiver Stimulation und psychologischem Training. Man kann gut hören, aber ab und zu die empfangenen Informationen emotional falsch deuten. Diese Fehlinterpretation ist nicht nur Quelle von Missverständnissen und Problemen in sozialen Beziehungen, sondern auch die Ursache wachsender Frustration aufgrund der Überzeugung “Ich verstehe die Anderen nicht – die Andere können mich nicht verstehen”. Dadurch kommt es zu problematischen Verhaltensweisen, z.B. zu Ausbrüchen von Aggression, zunehmender Angst, manchmal auch zu psychologischen Störungen. Deshalb hat die Kombination aus Hörtrenning und Elementen psychologischen Therapie eine so wesentliche Bedeutung bei der SPPS-S-Therapie, und ihre Resultate sind viel besser als die der anderen angewandten Behandlungsmethoden.
Die SPPS-S-Therapie kann in einer therapeutischen Einrichtung oder zu Hause durchgeführt werden. Die Entscheidung über die Therapieform wird von den Therapeuten gemeinsam mit den Eltern des jungen Patienten getroffen. Die Therapie zu Hause ist bequemer (Patienten, die Heilgeräte ausleihen, müssen nicht jeden Tag die Einrichtung aufsuchen). Bei der Entscheidung für eine bestimmte Therapieform ist es wichtig, die Fähigkeiten des Patienten und seine Schwierigkeiten zu berücksichtigen: für einige Kinder kann die Arbeit in einer Gruppe ein zusätzlicher Vorteil sein, oder umgekehrt. Dank der attraktiven Veranstaltungsform fühlen sich die Kinder nicht gezwungen, eine unangenehme Pflicht zu erfüllen, sondern nehmen mit Freude an der Therapie teil.