Jubiläumsjuli

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Jubiläumsjuli

Auf Juli fallen die wichtigsten Jubiläen in der Geschichte des Institutes für Physiologie und Pathologie des Gehörs. Im Jahr 2016, in dem wir das 20. Jubiläum des Institutes und 25. Jubiläum des Programms der Behandlung des Hörverlustes feiern, gewinnen sie eine besondere Bedeutung.

Vor 24. Jahren, am 16. Juli 1992, implantierte Prof. Henryk Skarżyński als erster in Polen einer gehörlosen Person ein Cochlea-Implantat. Ein Tag später, am 17. Juli, führte er eine solche Operation beim ersten Kind in Polen durch. Mit den bahnbrechenden Eingriffen eröffnete Prof. Skarżyński ein neues Kapitel in der Geschichte der Ohrchirurgie.

Die hierzulande bahnrechende Operation der Implantation eines Cochlea-Implantates bei einer gehörlosen Person, die 1992 von Prof. Henryk Skarżyński vorgenommen wurde, gab Tausenden von gehörlosen Patienten in unserem Land Chance und Hoffnung. Am Operationstag erschienen 7 Sender und eine Schar von Journalisten im Krankenhaus. Das sorgte für ein großes Erstaunen, denn Informationen über bahnrechenden Eingriffe werden gewöhnlich erst nach ihrem Abschluss bekannt gegeben. Und Prof. Skarżyński benachrichtigte die Medien über die geplante Operation eine Woche vorher. Das war eine wirklich mutige Vorgehensweise, ein Beweis für eine sorgfältige Vorbereitung und ein gesellschaftliches Vertrauen, was bis heute noch von Medienvertretern betont wird, die Zeugen des für die Medizin bahnrechenden Ereignisses vor 24 Jahren waren.

– Viele haben die Arbeit, die Anstrengung, das Risiko bereits vergessen. Die Vorbereitungen für die erste Implantation eines Cochlea-Implantates bei einer gehörlosen Person dauerten zwei Jahre. Ich sehe mich verpflichtet, die Namen deren zu nennen, die mir in dieser nicht leichten Zeit ihr Vertrauen geschenkt, ihre Unterstützung geboten und sich für das Programm des Hörverlustes in Polen eingesetzt haben wie Prof. Henryk Skarżyński sagt. – Seine Umsetzung wäre ohne sie nicht möglich: Seine Exzellenz Bischof Alojzy Orszulik, damals stellvertretender Sekretär des Polnischen Episkopats, Prof. Wiesław Chrzanowski – Sejmmarschall, Prof. Andrzej Stelmachowski – Senatmarschall, Prof. Zofia Kuratowska – Vorsitzende der Sozialen Stiftung der Solidarität. Mittelbar und unmittelbar wurde das Programm von meinen Freunden – durch das Präsidium unseres Rates der Stiftung unterstützt: Prof. Stefan Kruś und Prof. Grzegorz Opolski, Prof. Janusz Cianciara, Prof. Walerian Staszkiewicz, Prof. Janusz Piekarczyk, Mag. Roman Chojnowski, Mag. Jolanta Herman, Dr. Stanisław Wójcikiewicz, Prof. Jarosław Deszczyński, Dr. Waldemar Mysiak, Elwira Ludwikowska und sonstige Mitglieder der Stiftung. An der Umsetzung des Programms waren direkt Wissenschaftler und Spezialisten aus dem Bereich der Medizin beteiligt: Doz. Maria Góralówna, Dr. Anna Geremek-Samsonowicz, Dr. Małgorzata Mueller-Malesińska, Dr. Joanna Szuchnik, Ing. Jadwiga Hoffman und Audioprothetiker Andrzej Herszhorn.

Nach der Operation im Jahr 1992 startete das Programm der Behandlung der Gehörlosigkeit mit Cochlea-Implantaten in Polen. Für die Zwecke des Programms entstand das landesweit erste und europaweit zweite Diagnose-, Therapie- und Rehabilitationszentrum für Gehörlose und Schwerhörige „Cochlear Center” aus der Initiative von Prof. Skarżyński, das den Patienten eine umfassende Betreuung bieten konnte. Das Zentrum wurde feierlich am
14. Juli 1993 von der polnischen Ministerpräsidentin Hanna Suchocka eröffnet. An der Eröffnung beteiligten sich u.a. Minister Jerzy Koźmiński, Bischof Alojzy Orszulik, Warschauer Woiwode Bohdan Jastrzębski, Ministerin Grażyna Andrzejewska-Sroczyńska (Regierungsbevollmächtigte für Behinderte Personen).

Eine Woche vor der Eröffnung des “Cochlear Center” wurde es von der Ehefrau des französischen Präsidenten, Danielle Mitterrand besucht. Die von ihr geführte Stiftung schenkte der Einrichtung ein Operationsmikroskop.

− Ich kann mich sehr gut an die großen Zweifel der Begleitdelegation von Frau Danielle Mitterrand erinnern, die uns fragte, ob wir sicher sind, dass es uns gelingt, das Zentrum in einigen Tagen zu eröffnen – wie sich Prof. Skarżyński erzählt. − Denn bereit waren nur die Eingangshalle und ein Behandlungszimmer, wohin wir das sehr moderne Operationsmikroskop stellten. Nur wenige Personen von außen wussten, dass wir Tag und Nacht, fast ohne Schlaf arbeiteten. Aber wir schafften es! – wie Prof. Henryk Skarżyński stolz hinzufügt.

Die Eröffnung des Zentrums stellte einen riesigen Erfolg dar. In jenen Jahren war die Gründung einer Einrichtung mit einer internationalen Bedeutung durch die Öffnung des Landes für die Welt, neue Lösungen, neue Bedürfnisse möglich. Bereits nach einigen Wochen wurden einige zehn Patienten täglich ins Zentrum aufgenommen und ca. 200 fachärztliche Untersuchungen durchgeführt. Das war jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Von Anfang an betrieb das “Cochlear Center” auch wissenschaftliche Tätigkeit. Zwei Monate nach der Eröffnung fand die 1. Internationale Konferenz über Cochlea-Implantate in Polen statt.

Zehn Jahre nach der Implantation des ersten Cochlea-Implantats in Polen bei einer vollständig gehörlosen Person unternahm Prof. Henryk Skarżyński erneut den Versuch, eine Barriere durchzubrechen: Er begann, Patienten mit partiellem Hörverlust zu behandeln. Am 12. Juli 2002 führte Prof. Henryk Skarżyński die weltweit erste Implantation eines Cochlea-Implantates bei einer erwachsenen Person mit partiellem Hörverlust durch. Dadurch startete er das neue Programm der Behandlung des Partiellen Hörverlustes.

In den medizinischen Kreisen war die Meinung verbreitet, dass die Implantation einer Elektrode ins Innenohr mit der irreversiblen Beschädigung der bestehenden Hörreste gleichbedeutend ist. Deshalb glaubte man, dass die Behandlung von Personen mit partiellem Hörverlust nicht möglich ist. Denn die Implantation würde diesen Teil der Cochlea (der für die Wahrnehmung von Niederfrequenztönen verantwortlich ist) zerstören, der normal arbeitet, und damit dem Patienten die Hörreste wegnehmen. Erst die von Prof. Skarżyński entwickelte chirurgische Technik des Zugangs ins Innenohr durch das Schnekenfenster unter Anwendung einer entsprechend flexiblen Elektrode erwies sich als eine sehr wirksame Methode, die die Hörreste im Niederfrequenzbereich erhalten ließ. Es wurde auch befürchtet, dass es nicht zur Integration der Informationen kommt, die die Gehörzentren des zentralen Nervensystems aus der gleichzeitigen elektrischen und akustischen Stimulation des Hörrezeptors in einem Ohr bekommen. In der Otologie herrschte nämlich die Überzeugung vor, dass die Verbindung der zwei Arten des Gehörs unmöglich ist. Dank der Anwendung einer speziellen Prozedur der Einstellung des Sprachprozessors durch die klinischen Ingenieure des Institutes wurde eine solche Integration erreicht. Die bahnbrechende Operation wurde von Prof. Skarżyński live im Internet übertragen. Ihren Verlauf beobachteten Tausende von Spezialisten aus der ganzen Welt.

− Unsere erste Patientin war eine Psychologiestudentin, die sehr genau verstand, was der Prozess bedeutet und worin er besteht. Ohne eine entsprechende Einstellung der Patientin wäre es schwierig, sich für eine solche Operation zu entscheiden. Kasia konnte Töne im Nieder- nicht jedoch im Mittel- und Hochfrequenzbereich wahrnehmen – wie sich Prof. Skarżyński erinnert. – Nach einer Reihe von Untersuchungen, die wir damals durchführen konnten, beschoss ich, nicht nur die Operation – zum ersten Mal in der Welt – durchzuführen, sondern auch ihren Verlauf online zu übertragen.

Bis 2002 wurden die Implantationen eines Cochlea-Implantates ausschließlich bei tiefen Hörschäden oder vollem Hörverlust durchgeführt. Ohne Möglichkeit einer wirksamen Behandlung blieb weiterhin eine zahlreiche Gruppe von Patienten mit partiellem Hörverlust.

Als Prof. Henryk Skarżyński vor 25 Jahren Vorbereitungen auf die Einführung des Programms der Cochlea-Implantation in Polen aufnahm, konnte er nicht einmal davon träumen, dass er künftig die sog. “polnische Schule der Ohrchirurgie” im Bereich der Behandlung des partiellen Hörverlustes in der internationalen Wissenschaft schaft. Der Anstoß zur Arbeit gab ihm 1998 die Reise nach Paris zum 1. Kongress der Europäischen Gesellschafen für HNO-Heilkunde (EUFOS). Er vertrat Polen am Europäischen Regionalen Runden Tisch, an dem sich auch Vertreter der ehemaligen Tschechoslowakei, der ehemaligen DDR und von Ungarn beteiligten. Heute kommen junge Ärzte und Wissenschaftler aus allen Kontinenten zu zahlreichen Kursen, Workshops, Seminaren und Konferenzen in das von Prof. Skarżyński geleitete Weltzentrum für Gehör, um hier etwas zu lernen.

Durch die Förderung der “polnischen Schule in der Ohrchirurgie” wurden wir zu einem Zentrum, das eine bdeutsame Rolle in der internationalen Wissenschaft spielt – wie Prof. Skarżyński sagt. – Das war ausschlaggebend dafür, dass internationale wissenschaftliche Gremien gerade das Institut mit der Veranstaltung einiger der wichtigsten wissenschaftlichen Ereignisse beauftragten. Eins von ihnen bildet der erste internationale Tinnitus-Kongress (1st World Tinnitus Congress), zu dem über zweitausend herausragende Spezialisten aus allen Kontinenten nach Warschau kommen. Die ehrenamtlichen Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernahm der Präsident der Republik Polen Andrzej Duda. Im kommenden Jahr veranstalten wir auch das Treffen der 25. International Evoked Response Audiometry Study Group (IERASG), die eine 1968 gegründete, der Internationalen Gesellschaft für Audiologie (ISA) affilierte wissenschaftliche Elitengesellschaft ist, die sich aus Spezialisten zusammensetzt, die sich mit den akustisch evozierten Potenzialen befassen. In den folgenden Jahren erwarten uns weitere wissenschaftliche Veranstaltungen. 2019 findet der vom Institut veranstaltete 2. World Congress of Otology statt. Bis 2020 bleibt nicht mehr so viel Zeit, wie es scheint. Daher nehmen wir bereits jetzt die ersten Vorbereitungen auf das 34. World Congress of Audiology auf, der in Warschau stattfinden soll – wie Prof. Skarżyński stolz aufzählt.

Aktuell ist die Einrichtung in Kajetany die unbestreitbare weltweit führende Kapazität auf dem Gebiet der HNO-Implantalogie hinsichtlich der Anzahl der durchgeführten gehörverbessernden Prozeduren (jährlich ca. 15.000 Eingriffe). Von den Spezialisten des Weltzentrums für Gehör werden heute knapp 5 Tsd. Cochlea-Implantat-Träger betreut.